Das Zieglerschloss
von Josef Popp (aus Mittelbayerischer Zeitung vom 03.09.2005)

 

Neben dem Oberen Schloss, dem Hammerschloss als früheren Adelssitze gibt es auch das Zieglerschloss, das jüngste unter den drei Schlössern in Schmidmühlen. Es wurde 1757 nach dem Vorbild eines französischen Landschlösschens erbaut. Das Zieglerschloss – und damit unterscheidet es sich von allen anderen Schlössern in der Gemeinde Schmidmühlen – war kein Adelssitz.

Erbaut wurde es von Johann Georg Felsner, der am 17. Dezember 1727 als viertes von sechs Kindern geboren wurde. Zu dieser Zeit war Schmidmühlen ein blühender Ort. An einer Wasserstraße mit einem eigenen Binnenhafen gelegen sowie als Kreuzungspunkt wichtiger Handelsstraßen hatte der Ort eine für die damalige Zeit herausragende Bedeutung. Vor allem der Hopfenanbau, das Hammerwerk, Zolleinnahmen und viele kleine und mittlere Handwerksbetriebe sorgten über Jahrhunderte hinweg für einen relativen Wohlstand. Zu dieser Zeit hatte der Markt auch eine eigene Ziegelei, die sich im Bereich des heutigen Zieglerschlosses befand.

Mit dem Zieglerschloss selbst untrennbar verbunden ist der Erbauer, Johann Georg Felnser. Mit seinem Lebenswandel und dem Bau des Zieglerschlossesschrieb er Zeitgeschichte. Die Familie Felsner stammte aus Kastl. Der Ziegler Johann Felsner siedelte im Jahr 1668 von Kastlnach Schmidmühlen. Der Grund hierfür war seine Verheiratung mit der Schmidmühlner Bierbrauerstochter Anna Johann Kolb. Er starb 1718. Sein Sohn Balthasar (als viertes von acht Kindern 1697 geboren) vermählte sich mit der Bürgerstochter Elisabeth Riedhammer. Dieser Ehe entspross Johann Georg, der spätere Erbauer des Schlosses. Taufpate war der Papiermachter Georg Mittelstraßer von den Vischbachschen Papiermühle.

Die Ziegelei in Schmidmühlen war ursprünglich im gemeindeeigenen Besitz. 1687 verkaufte sie der Markt an Lorenz Hammer von Velburg. Von diesem erwarb 1692 der aus Kastl zugezogene Felsner den Besitz, zu dem anscheinend noch kein Wohnhaus gehörte. Im Kaufbrief ist nämlich die Erlaubnis zum Bau eines solchen erwähnt. 1721 übertrug die Witwe Anna des Johann Felsners die Ziegelhütte mit „Zuhörungen“ ihrem Sohn Balthasar, dem Vater von Johann Georg. Wann der Besitz an diesen kam, war bisher nicht festzustellen.

Im Alter von 16 Jahren verließ Felsner sein heimatliches Schmidmühlen, durchwanderte halb Europa, vor allem aber Frankreich. Dort erlernte er die Kunst der Schnupftabakdosenfertigung. Diese Dosen waren seinerzeit ein für jedermann unentbehrliches Gerät. Im Jahre 1757, knapp 30-jährig kehrte er nach Schmidmühlen zurück, den Kopf voller Pläne und Ideen.

Im gleichen Jahr begann er mit dem Bau des „Zieglerschlosses“. Die reinen Baukosten beliefen sich auf 18 000 Gulden, eine für jene Zeit außerordentlich hohe Summe. Das Zieglerschloss war damals eine wahre Zierde, bis es von einem Großbrand weitgehend vernichtet wurde. Von dem Gebäude blieb nichts als das Mauerwerk stehen.

Im Schloss selbst wurden nie Tabakdosen gefertigt. Die Fabrik stand im Brunnlett. Hier beschäftigte Felsner anfangs etwa 50 Arbeiter, später etwa 20. Diese große Anzahl von Arbeitnehmern zeigt, wie bedeutend dieser Handwerksbetrieb damals war. Die Herstellung der Felsnerschen Tabakdosen geschah nach einer geheim gehaltenen Methode, die er aus Frankreich mit gebracht hatte. Dank seiner Tüchtigkeit und Vielseitigkeit entwickelte sich die Schmidmühlener Produktion zu einer beachtlichen Konkurrenz für seine französischen Lehrmeister. Das veranlasste einen von diesen, Felsner eine Kiste zukommen zu lassen. Nichts Gutes ahnend ließ er die Sendung durch einen Schlosser am Boden öffnen. Und das war gut, denn sie enthielt mehrere geladene Pistolen, die sich beim Öffnen des Deckels entladen hätten.

Für das Schloss selbst kam es am 26. November des Jahres 1896 zu einer Katastrophe: Es wurde von einem Großbrand heimgesucht. Da das Schloss nach alten Erzählungen an allen Ecken und Enden brannte, vermutete man Brandstiftung. Die Entstehung des Brandes konnte selbst durch polizeiliche Ermittlungen nie geklärt werden. Der Bayerische Volksbote berichtete in seiner Ausgabe vom 3. Dezember 1896: „Am 26. des letzten Monats morgens um 5 ½ ist dieses Schloss, eine Zierde des Marktes, ein Raub der Flammen geworden. Dasselbe brannte fast zur gleichen Zeit an allen Ecken und Enden, was die Vermutung einer Brandstiftung großen Raum lässt. Von dem schönen Gebäude blieb nichts mehr stehen als das Mauerwerk.“ Der Feuerschein selbst war weit bis in das Lauterachtal hinauf zu sehen.

Doch zurück zu Johann Georg Felsner. Sein Leben, Wohnen und Schaffen in Schmidmühlen war geprägt von einer tiefen Feindschaft zwischen ihm und der Marktgemeinde. Diese eröffnete eine Reihe von Prozessen gegen ihn, seinen Bau und sein Unternehmen. 1796 bereits sprach ein Landgerichtsurteil das Verbot aus, die Schwindgruben seines Neubaus zu benutzen, so dass dieser unbewohnbar wurde. Fortan wohnte er im Brunnlett (Haus Nr. 88) Johann Georg Felsner heiratete zweimal:1779 ehelichte er die Bäckerstochter Maria Regina Riedhammer (sie starb 1783 im Kindbett), zehn Jahre nach deren Tod am 23. Juli 1793 Margareta Weigl. Doch das Familienglück war nur von sehr kurzer Dauer. Wenige Wochen später verstarb Johann Georg Felsner am 7. September 1793 im Alter von 66 Jahren.

Von seinem einst ansehnlichen Vermögen war nichts mehr vorhanden. Das Zieglerschloss mit Ziegelhütte und Ziegelofen erwarb Felsners Schwager Leonhard Hofmann. Die Mittel dazu dürfte Felsners Besitznachfolger wohl dadurch gewonnen haben, dass er das wohl gehütete Betriebsgeheimnis 1794 an einen Lederfabrikanten Fleischmannaus Amberg verkaufte, der die Fabrikation dorthin verlegte und etwa 20 Jahre lang jährlich etwa 24 000 Tabakdosenmit großem Gewinn verkaufte. Mit diesem Verkauf endet auch die Ära der Familie Felsner und die der Gewinn bringenden Schnupftabakdosenfabrikation in Schmidmühlen. Das Zieglerschloss selbst befindet sich sei mittlerweile vier Generationen im privaten Familienbesitz.
 
 
 

 

 

Das Zieglerschloss im Jahr 2005